Dr. Richard Hardegen

Der lange Weg bis zur Einsegnung der Kirche St. Lambertus in Bliesheim am 30. Januar 1863
(nach dem Beschlussbuch des Gemeinderates)

Die alte Kirche, die sich auf dem Friedhof (Kirchhof) befand, war im Laufe der Zeit anfällig geworden. Im Jahre 1847 hatte Kommunalbaumeister Ilse festgestellt, dass eine Reparatur am Dach unbedingt notwendig sei. Die Kirchen­kasse war nicht in der Lage, die Kosten in Höhe von 31 Thaler, 12 Groschen und 9 Pfennige aufzubringen. Der Gemeinderat der Spezialgemeinde Bliesheim beschloss daraufhin, diese Kosten zu übernehmen.

Ein Jahr später, nämlich am 30. Dezember 1848, kam es zu einem ernsthaften Zwischenfall: Während des Hochamtes brach nach der Kommunion ein Stein aus der Decke und fiel herab. Zum Glück wurde niemand verletzt, aber der Schrecken saß allen in den Gliedern. Der Stein hatte Pastor Deußen nur deshalb nicht getroffen, weil dieser gerade einen Schritt zur Seite gemacht hatte. Für ihn war das ein Grund, sich um eine andere Pfarrstelle zu bemühen. Er verließ Bliesheim am 6. Juni 1850, um eine neue Pfarrstelle in Broich im Kreise Aachen anzutreten.

Nach diesem Ereignis erörterte der Gemeinderat der "Spezialgemeinde" Bliesheim den Neubau einer Kirche, stieß aber bei der preußischen Regierung auf wenig Gegenliebe. 1850 intervenierte Dechant Pingen bei dieser und erreichte, dass der Widerstand gegen einen Neubau aufgegeben wurde. Mit dieser Zusage wurde Pastor Lemmens am 01. September 1850 in Bliesheim eingeführt. Noch im gleichen Jahr hatte man den Kommunalbaumeister llse beauftragt, ein Gutachten über den Zustand der Gebäude der Pfarrgemeinde sowie eine Kostenkalkulation anzufertigen. Dabei ging es stets um die Kosten und wie diese abgedeckt werden könnten.

Am 25. Februar 1851 kam es zu einer gemeinsamen Sitzung von Gemeinderat und Kirchenvorstand, in der nach Auskunft der Niederschrift nur über die Zukunft eines Schulgebäudes verhandelt wurde, das nach dem Kataster im Eigentum der Kirche stand und zugleich die Wohnung des Küsters war. Man kam zu keiner Einigung.

In der Sitzung des Gemeinderates vom 30. März 1851 gab der Bürgermeister ein Schreiben des Kirchenvorstandes vom 11. März 1851 bekannt, mit dem beantragt wurde, eine Abstützung der Kirche vorzunehmen oder zur erneuten Untersuchung einen höheren Baubeamten einzuschalten. Der Gemeinderat hielt sich zur Entscheidung nicht befugt und erklärte, der Kirchenvorstand habe zu entscheiden, ob die Kirche, wie es die Stellungnahme des Baumeisters Popp vorsah, zu stützen oder ob vorab noch ein höherer Baubeamter zu hören sei. Wenn dadurch Kosten entstehen würden, die aus der Kirchenkasse nicht bezahlt werden könnten, werde die Zivilgemeinde einspringen. Man erwarte aber, dass der Kirchenvorstand bei seinen Anordnungen auf Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit Rücksicht nehme. Dieser Blanko-Übernahmebeschluss hatte den Kirchenvorstand offenbar veranlasst, mit dem Geld großzügig umzugehen. Er kaufte einen neuen Himmel, Leinwand und eine Kasel von dem vorhandenen Geld, ohne die unbedingte Genehmigung dafür zu haben. Das brachte den Gemeinderat in Rage. Er stellte klar, dass er sich gegen ein Ausnützen verwahren müsse.

Ein Stützwerk wurde errichtet. Das Kirchengebäude schien geschützt und die Gemeinde war beruhigt. Neubaupläne spielten nur insoweit eine Rolle, als die Zivilgemeinde Rücklagen bildete. So beschloss der Rat in seiner Sitzung vom 22. Oktober 1852, Neubaupläne und Kostenvoranschläge solange zurückzustellen, bis der Baufonds entsprechend angewachsen sei. Damit traten die Neubaupläne etwas in den Hintergrund. Andere Wünsche des Pastors wurden vernehmlicher. Er wünschte die Anlage eines eigenen Brunnens sowie den Bau einer neuen Treppe im Pfarrhaus und ein neues Gartentor. Der Gemeinderat erklärte dazu, die Wünsche seien da, aber man sei nicht verpflichtet, diese zu erfüllen. Das führte zu Spannungen zwischen Pastor Lemmens und dem Rat, die gegenseitige Beleidigungen nicht ausschlossen und im Laufe der Jahre gar zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führten.

Ein neuer Anlauf zum Bau der neuen Kirche begann mit einer gemeinsamen Sitzung von Gemeinderat und Kirchenvorstand am 21. März 1854 unter Leitung von Bürgermeister Winterschladen. Von allen wurde die Notwendigkeit eines Neubaus anerkannt. Als erster Schritt wurde beschlossen, einen Ziegelofen anzuschaffen, mit dem im Jahr 200.000 bis 300.000 Ziegel hergestellt werden konnten. Die Kosten sollten durch ein Darlehen bei der "Communal Hülfskasse" gedeckt werden.

In der Folgezeit scheint es nur bei diesem Beschluss geblieben zu sein. Erst am 19. Februar 1856 kam es wieder zu einer gemeinsamen Sitzung von Gemeinderat und Kirchenvorstand. In dieser wird beschlossen, dass 500.000 Ziegelsteine gefertigt werden sollen mit einer Option auf 900.000. Das notwendige Material sollte einem Grundstück der Erben Kiel gegen Vergütung entnommen werden. Sollte sich herausstellen, dass es für die Fabrikation ungeeignet sei, sollte es gegen Vergütung von einem Grundstück, das zum Pastoratsfonds gehörte, genommen werden.

Etwa sechs Wochen später, nämlich am 29. März 1856, kam es zu einer erneuten gemeinsamen Sitzung der beiden Gremien. In dieser wurde eine Planskizze des Kommunalbaumeisters Schildgen zur Beratung vorgelegt. Grundsätzliche Bedenken wurden dagegen nicht erhoben. Dennoch wurde beschlossen, zunächst eine Reihe von Kirchen zu besichtigen, um einen Überblick über die Stile und Muster zu bekommen. Außerdem müsse man sich um die fehlenden Geldmittel kümmern. Der Gemeinderat beschloss außerdem, neben der Ziegelofenanlage eine Hütte für die Ziegeleiarbeiter zu errichten.

Hatte der Gemeinderat bereits in der Sitzung vom 19. Februar 1856 für die Nutzung des Pfarrgrundstücks eine Vergütung zugesagt, so musste noch die Höhe festgelegt werden. Dazu kamen die beiden Räte am 29. Juni 1856 zusammen. In der Sitzung ging es zu wie auf einem Jahrmarkt. Pfarrer Lemmens forderte eine Entschädigung in Höhe von 300 Thaler; der Gemeindeverordnete Giersberg hielt eine solche von 200 und Breuer von 150 Thaler für angemessen und der Verordnete Strack meinte, man solle sich auf 200 Thaler einigen. Da eine Einigung nicht zustande kam, beschloss der Rat vorbehaltlich der Genehmigung der höheren Behörden, 200 Thaler zu zahlen und den Betrag mit 5 % zu verzinsen.

Am 17. Juli 1856 kam es erneut zu einer gemeinsamen Sitzung. Sie war wohl von Pfarrer Lemmens und dem Ratsmitglied Eicken veranlasst worden. Alle Mitglieder erklärten, mit dem Bau einer neuen Kirche müsse bald begonnen werden. Diese Erklärung stand allerdings im Widerspruch zu der im Laufe der Versammlung von der Mehrheit geäußerten Meinung, die alte Kirche sei nicht gefährlicher als vor zehn und fünfzehn Jahren. Sie könne noch gut und gerne fünf bis sechs Jahre stehen, ohne dass weitere Gefahren zu befürchten seien. Diese Auffassung wollten Pfarrer Lemmens und der Gemeindeverordnete Eicken unterlaufen, indem sie beantragten, ein technisches Baugutachten einzuholen. Darauf ging der Rat nicht näher ein. Er beschloss vielmehr mit Mehrheit, die neue Kirche nicht am alten Standort zu errichten, sondern an einem geeigneten Platz weiter im Dorf. Um nach diesem Beschluss den Einfluss nicht zu verlieren, schlug Pastor Lemmens vor, eine Kommission aus kirchlichen und weltlichen Mitgliedern zu gründen und mit der Suche nach einem Bauplatz zu beauftragen. Über diesen Vorschlag wurde nicht mehr beraten. Vielmehr beschloss der Rat, nachdem ihm berichtet worden war, dass im Jahre 1856 200 bis 300 000 Ziegel fertig gestellt werden könnten, mit der Fabrikation fortzufahren. Bauplanung und Kostenkalkulation sollten erst erfolgen, wenn der geeignete Bauplatz gefunden worden sei.

In den folgenden Wochen wurde nach geeigneten Grundstücken Ausschau gehalten. Man war auch fündig geworden. Bei der Auswahl war der Regierungs­- und Baurat Zwirner (Leiter der Dombauhütte) als Sachkundiger hinzugezogen werden. Als beste Lösung wurde ein Grundstück angesehen, das einer Familie Schüller gehörte. Dieses hätte erworben werden müssen. Sollte es nicht zu erwerben sein, so sollten Grundstücke, die nur mit der Katasterlagenummer bezeichnet worden waren, gekauft werden. Gemeindeverordneter Eicken lehnte den Erwerb ab mit der Begründung, die Grundstücke seien zu nass. Zugleich brachte er den alten Platz wieder ins Gespräch.

Das Jahr 1857 war geprägt von Auseinandersetzungen zwischen Pastor Lemmens und dem Gemeinderat. Dabei ging es um Entschädigungen für eine Samstagsfrühmesse und die Nutzung des Grundstücks für die Herstellung von Ziegel aber auch gegenseitige Beleidigungen. Es kam sogar zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Ende des Jahres erwarb die Zivilgemeinde von einem Jakob Becker ein Grundstück für 300 Thaler und zur Ergänzung sollte mit einem Herrn Kübeler ein Grundstückstausch erfolgen. Die Finanzierung einer neuen Kirche war noch nicht gesichert. Auf der Suche nach Geld beschloss der Rat, bei der Regierung einen Antrag zu stellen, als Beihilfe zum Bau einer Kirche eine allgemeine Hauskollekte in der Rheinprovinz zu genehmigen. Eine Genehmigung ist nie erteilt worden. Aus dem Protokoll buch des Rates der Spezialgemeinde Bliesheim ist aber auch eine Ablehnung nicht zu entnehmen.

In der gemeinsamen Sitzung von Gemeinderat und Kirchenvorstand am 27. Januar 1858 hatte Baumeister Schildgen seinen Bauplan und den Kostenrahmen zu erläutern. Das Gremium konnte sich über den Plan nicht einigen. Danach sollte die Kirche eine Kreuzform erhalten. Das entsprach der Vorstellung des Ortsvorstehers Eicken und des Pastors. Alle anderen waren dagegen. Sie waren der Meinung, ein Kreuzbau sei nicht zweckmäßig und außerdem könne man ihn nicht bezahlen. Im Laufe der Beratung klagte die Mehrheit über das Vorgehen. Eine Besichtigung anderer Kirchen habe, obwohl gewünscht, nicht stattgefunden. Dennoch beantragten Ortsvorsteher Eicken und Pastor Lemmens ausdrücklich, den Plan anzunehmen und der erzbischöflichen Behörde zur Einsicht und Genehmigung vorzulegen. Die Mehrheit der versammelten Vertreter lehnte das ab. Sie erklärte, es seien nicht nur die Kosten, der Plan gefalle auch nicht.

In der Ratssitzung vom 23. September 1858 wurde zur weiteren Fertigung von Ziegelsteinen ein Ziegelmeister angestellt. Am 27. Oktober 1858 beschloss der Rat, noch mehrere Reparaturen am Pfarrhaus durchzuführen, wohl auch um den Pastor zu beruhigen.

Am 2. März 1859 wurden dem Gemeinderat in der Sitzung die Pläne und Kostenschätzungen des Landbaumeisters Cremer zur Einsicht vorgelegt. Gleichzeitig wurde er darüber unterrichtet, dass der Kirchenvorstand den Plan billige. Auch die Mehrheit des Gemeinderates bis auf Ortsvorsteher Eicken war mit dem Plan einverstanden. Zugleich wünschte man aber, die Decken als Gewölbe zu fertigen. Um diese Fragen zu erörtern, sollte Landbaumeister Cremer geladen werden. In der Zwischenzeit hatte sich herauskristallisiert, die Kirche auf einem Grundstück neben der Schule zu errichten. Dazu wurde das Haus des Johann Platz neben der Schule sowie Stall und Scheune des Heinrich Schlösser erworben. Diese Fläche reichte nach Auffassung des Landbaumeisters zur Errichtung der Kirche aus. Außerdem wurde er beauftragt, sich wegen des Gewölbebaues mit der Regierung ins Benehmen zu setzen. Schließlich wurde beschlossen, für die Baukosten ein Darlehen bei der Provinzial Hülfskasse aufzunehmen.

In der Sitzung vom 18. Dezember 1859 wurde der Rat darüber unterrichtet, dass die Grundstücke erworben worden seien. Noch weitere 400.000 Ziegelsteine müssten gefertigt und 15.000 Thaler als Darlehen aufgenommen werden. Auf das Kapital seien jährlich 500 Thaler sowie die Zinsen zu zahlen. Alle weiteren Vorbereitungen sollten so terminiert werden, dass im Frühjahr 1860 mit dem Bau begonnen werden könne. Es wurde allerdings Frühsommer. Am 2. Juni 1860 trat der Gemeinderat zusammen, um sich die Pläne nochmals anzusehen. Da es keine Bedenken gab, beschloss er, alle Arbeiten auszuschreiben und dem "Bestbietenden zuzuschlagen", wenn die höhere Behörde ihn für geeignet halte. Am 25. Juni lagen alle Angebote vor und der Rat konnte die Aufträge erteilen. Maurermeister Popp aus Lechenich wurden die Maurerarbeiten übertragen. Bürgermeister Stolz aus Weingarten sollte den Kalk liefern. Der Zuschlag für die Vergabe der Steinmetzarbeiten wurde zurückgestellt. Über dessen Leistungsfähigkeit sollte Maurermeister Popp sich erkundigen. Den Zuschlag für die Zimmererarbeiten erhielt der Zimmerer Plein. Bei den Dachdeckerarbeiten überließ der Rat dem Baumeister die Auswahlentscheidung zwischen den Dachdeckern Lauschen und Schäfer. Für die Schreinerarbeiten erhielt Schreinermeister Kiel den Zuschlag und für die Schlosserarbeiten der Schlossermeister Popp aus Lechenich. Anstreicher und Glaserarbeiten wurden noch nicht vergeben, weil über die Einrichtung der Fenster im Chor noch keine Klarheit bestand. Für den Materialtransport übernahm Gutspächter Förster die Verantwortung.

Der Grundstein zum Bau der neuen Kirche wurde schließlich nach einigen Verschiebungen in feierlicher Form am 24. September 1860 gelegt. Die Arbeiten gingen sodann zügig weiter. Am 1. November 1861 stand das Mauerwerk von Kirche und Turm. Die Gewölbe waren bis auf drei Segmente im Mittelschiff, die im folgenden Jahr folgen sollten, fertig gestellt.

Die Orgelempore wurde im September 1862 errichtet. Diskussionen gab es über den Anstrich der Wände. Einige waren für ein einfaches Weißen, andere hielten eine Ausmalung für angemessen. Schließlich einigte man sich darauf, dass das Chorgewölbe einen bläulichen Anstrich erhalten sollte und alle übrigen Wände einen weißen.

Am 13. Mai 1862 beschloss der Rat, dass ein neuer Glockenstuhl für drei Glocken gebaut werden sollte. Dem Kommunalbaumeister wurde der Auftrag erteilt, das Notwendige zu veranlassen. In der Sitzung vom 24. Mai 1862 wurde einem Carl Pazzini aus Brühl der Auftrag erteilt, die Glaser- und Anstreicherarbeiten durchzuführen. Gegen Ende dieser Sitzung erschien Pastor Lemmens und legte zwei Angebote für eine Orgel vor. Das eine stammte von einem Herrn Kalscheuer aus Nörvenich und endete mit einem Betrag in Höhe von 1.534 Thaler, das andere stammte von einer Firma Sönneck aus Köln. Ihr Kostenvoranschlag endete mit dem Betrag in Höhe von 2.800 Thaler. Nach längerer Beratung erteilte der Rat Herrn Kalscheuer aus Nörvenich den Auftrag. Ende 1862 waren alle wesentlichen Gewerke vollendet. So konnte die neue Kirche am Freitag vor Maria Lichtmess, nämlich am 30. Januar 1863 durch eine einfache, stille Einweihung dem Gottesdienst übergeben werden.

(Grundlage für den Bericht ist das Protokollbuch des Gemeinderates der Spezialgemeinde Bliesheim von 1847 bis 1863)
Veröffentlichungsrechte mit freundlicher Genehmigung von Dr. R. Hardegen

Ergänzung:
Bereits im Jahr 1841 wurde der Bau einer neuen Pfarrkirche angestrebt. Konkrete Planungen begannen 1856. Der Entwurf Schildgens, der eine Kirche mit kreuzförmigem Grundriss vorsah ("der schönste, der zierlichste und in Hinsicht der Mauern auch der stärkste"), wurde nicht realisiert.  Eine Mehrheit des Kirchen- und Gemeinderates stimmte dem Entwurf des Landesbaumeisters Robert Cremer im neuromanischen Stil zu.

Anmerkung:

Umwandlung der Währungseinheit Thaler in EURO

Der Thaler war eine Münzeinheit, die in Preußen bis zur Einführung der Goldmark als Zahlungsmittel galt. Nach dem Münzgesetz von 1857 musste der Thaler als Münze einen Feinsilbergehalt von 16.666 gr. haben. Nach der Einführung der Goldmark im Jahre 1873 entsprachen 3 Mark in Gold 1 Thaler.

Danach waren
300 ThaIer 900 Mark in Gold
500 Thaler 1.500 Mark in Gold
15.000 Thaler 45.000 Mark in Gold
1.534 Thaler 4.602 Mark in Gold
2.800 Thaler 8.400 Mark in Gold

Um den entsprechenden Wert in EURO zu ermitteln, ist eine Vergleichsrechnung auf Kaufkraftbasis zu erstellen. Kaufkraft ist/bezogen auf die Währungseinheit/die Gütermenge, die von einer Person oder Personengruppe aus dem erzielten Einkommen erworben werden kann. Die Kaufkraft hängt von dem verfügbaren Einkommen ab. Dabei ist von dem Einkommen pro Tag oder pro Jahr auszugehen.

Die Bevölkerung Bliesheims war zwischen 1850 und 1870 überwiegend in der Landwirtschaft beschäftig. Für diese Zeit liegt ein tarifähnlicher Vertrag aus dem Jahr 1867 vor. Danach erhielt ein in der Landwirtschaft Bediensteter bei freier Verpflegung im Jahre einen Lohn von 48 Thaler und eine Prämie von 4 Thaler, mithin insgesamt 52 Thaler an Geld. Da die Jahresverpflegung mit dem gleichen Betrag verrechnet wurde, erhielt er im Jahr inklusive der Naturalleistung 104 Thaler.

Zum Bau der Kirche hatte die Gemeinde Bliesheim einen Betrag in Höhe von 4.000 Thaler angespart und 15.000 Thaler als Darlehen aufgenommen. Hätte der Landarbeiter unter Aufwendung und Rücklage seines gesamten Einkommens den Betrag in Höhe von 19.000 Thaler ansparen wollen, hätte er dafür 182 Jahre gebraucht (19.000 : 104 = 182,69).

Der in der Landwirtschaft Tätige erhält heute bei einem Stundenlohn von 9 € im Jahr 18.576 €. Würde dieser Betrag über 182 Jahre zurückgelegt, so würde ein Betrag in Höhe von 3.380.832 € zusammen kommen. Das wäre der Betrag, der in EURO hätte zusammen gebracht werden müssen. Der Thaler hätte heute einen Wert von 178 € (18.576 : 104 = 178,6]).

Bekannt ist der Lohn, der im Braunkohlenbereich im Jahre 1887 bezahlt worden ist. Der Arbeiter erhielt damals pro Schicht (12 Stunden am Tag) einen Lohn in Höhe von 1,50 Mark in Gold. Das ergab für eine Woche einen Betrag in Höhe von 9 Mark in Gold und 39 Mark in Gold für den Monat und 468 Mark in Gold im Jahr. In Thaler umgerechnet ergibt das 13 Thaler (39 : 3 = 13) im Monat oder 156 im Jahr. Das waren 50 % mehr an Lohn als in der Landwirtschaft.

Heute bekommt der Bedienstete im Braunkohlenbergbau bei einem Stundenlohn in Höhe von 14,50 € im Jahr 27,683,40 € oder in Thaler umgerechnet 177,45 Thaler(27.683: 156= 177,45).

Der Wert eines Thalers liegt zwischen 177 und 179 € Je nach angenommenen Stellen hinter dem Komma.

Daraus ergibt sich bei Annahme des Mittelwertes von 178 € für einen Thaler folgende Berechnung:
300 Thaler 53.400 €
500 Thaler 89.000 €
1.534 Thaler 273.052 €
2.800 Thaler 448.400 €
4.000 Thaler 712.000 €
15.000 Thaler 2.670.000 €